Chronische Schmerzen

Was versteht man unter chronischen Schmerzen?

Bei Schmerzen handelt es sich um eine der wichtigsten Empfindungen überhaupt. Ein Leben ohne Schmerzwahrnehmung wäre äußerst gefährlich. Er ist der körpereigene Schadens- und Warnmelder, der einen vor ungesunden Verhaltensweisen oder schwereren Verletzungen bewahrt. Menschen, die keinen Akutschmerz spüren können, leiden oftmals unter massiven Selbstverstümmelungen, die sich beispielsweise in abgebissenen Lippen widerspiegeln können. So sorgt das eigene Schmerzempfinden zum Beispiel dafür, dass das versehentliche Anfassen einer heißen Herdplatte zu einer blitzschnellen Rückzugsreaktion der Hand führt. Dadurch wird die Haut der Hand vor schwerwiegenden Gewebeverletzungen bewahrt. Auch der fortwährende Schmerz, der durch bereits entstandene Verletzungen, wie zum Beispiel einem Armbruch, entstanden ist, hat seinen Sinn. Der nachhaltige Schmerz sorgt dafür, dass der Arm in einer Schonhaltung bleibt und vor Beanspruchungen bewahrt wird. Dadurch wird der körpereigene Heilungsprozess vor Störungen und Fehlhaltungen geschützt und der verletzte Arm kann besser und schneller gesunden.

Neben dem akuten Schmerz gibt es noch chronische Schmerzen. Als chronische Schmerzen werden Schmerzen bezeichnet, die dauerhaft oder ständig wiederkehrend über einen Zeitraum länger als drei bis sechs Monate auftreten und Betroffene körperlich (Beweglichkeitsverlust, Funktionseinschränkungen), körperlich-kognitiv (Befindlichkeit, Stimmung, Denken) und sozial (verminderte Teilhabe am sozialen Leben) beeinträchtigen. Diese Form der Schmerzen hat ihre Funktion als körpereigenes Warnsystem verloren. Stattdessen ist der Schmerz zur eigenen Krankheit geworden, die oft gar keine klar erkennbare Ursache hat. Betroffene wachen mit Schmerzen auf, schlafen mit ihnen ein und führen ein Leben mit dauerwährenden oder wiederkehrenden Schmerzen. Die dadurch entstehenden körperlichen Einschränkungen gehen häufig mit Auswirkungen auf die Psyche einher und können auch das soziale und berufliche Umfeld der Betroffenen negativ beeinflussen. Je weiter sich die chronischen Schmerzen verfestigen und je stärker sie in ihrer Intensität sind, desto stärker vermindert sich die Lebensqualität der Betroffenen. Vielfach führen dauerhafte Schmerzen zu einer Niedergeschlagenheit, die sich zur Depression ausweiten kann.

Chronische Schmerzen treten vor allem im Zusammenhang mit depressiven Störungen, aber auch mit Angststörungen, posttraumatischer Belastungsstörung oder anderen psychischen Erkrankungen auf.

In Deutschland ist jeder Vierte von chronischen Schmerzen betroffen. Sechs Millionen davon so stark, dass die Lebensqualität signifikant eingeschränkt ist und die Krankheit starke Auswirkungen das Sozial- und Berufsleben hat.

Chronische Schmerzen. Welche Schmerzformen treten auf?

Chronische Schmerzen können prinzipiell in jedem Teil des Körpers entstehen. Am häufigsten treten aber die folgenden Schmerzformen mit einem chronischen Verlauf auf:

  • Kopfschmerzen
    • In Zusammenhang mit einer chronischen Migräne
    • In Zusammenhang mit chronischen Spannungskopfschmerzen
  • Rückenschmerzen
  • Muskelschmerzen
    • Zum Beispiel in Form einer Fibromyalgie – eine chronische Schmerzerkrankung, die neben den Muskeln auch die Sehnen und Gelenke betrifft.
  • Gelenkschmerzen
    • In Form einer Arthrose
    • In Form einer rheumatoiden Arthritis
  • Tumorschmerzen

Wie entstehen chronische Schmerzen? Ursachen und Risikofaktoren

Bei chronischen Schmerzen ist das Schmerzsystem des Körpers aus dem Lot geraten. Manche Formen chronischer Schmerzen lassen sich auf bestimmte körperliche Erkrankungen zurückführen, wie zum Beispiel die dauerhaften Schmerzen, die eine Tumorerkrankung mit sich bringt oder regelmäßig schmerzende Gelenke bei einer Autoimmunerkrankung wie Rheuma.

Aber auch psychische und soziale Faktoren können Hauptverursacher der Schmerzbelastung sein, wenn es keinen greifbaren körperlichen Grund gibt. Neben aktuellen Stresssituationen können auch länger zurückliegende und lebensverändernde Ereignisse wie Unfälle, Gewalterfahrungen oder familiäre Probleme einen problematischen Einfluss auf unsere Stress- und Schmerzempfindlichkeit nehmen. Bei dauerhaftem Stress und extremen Belastungen kann das gesamte schmerzleitende und –verarbeitende System des Körpers verändert werden. Dadurch wird der Körper überempfindlich und selbst leichte Reize wie Berührungen können als Schmerz wahrgenommen werden. Wenn Betroffene unter chronischem Schmerz leiden, die behandelnde Ärztinnen und Ärzte aber keine körperliche Ursache dafür finden kann, empfinden viele Patientinnen und Patienten dies zusätzlich als verunsichernd und beunruhigend.

Weitere mögliche Ursachen für chronischen Schmerz sind:

  • Überlastung im Alltag (Kinder, Beruf, Pflege, Haushalt)
  • Konflikte in Ehe, Familie und Beruf
  • Ständige Über- oder Unterforderung im Beruf
  • Längere Phasen zurückgehaltener Trauer
  • Überspielte Wut nach Kränkungen

Wie erkennt man chronische Schmerzen? Untersuchung und Diagnose

Chronische Schmerzen sind in der Regel nichts, was man einfach aushalten und damit leben muss. Es gibt für viele Formen der chronischen Schmerzen gute Behandlungsmöglichkeiten. Wichtig ist dabei, dass die Ursache erkannt wird und die Behandlung hier ansetzt. Deshalb ist ein Arztbesuch dringend zu empfehlen, wenn:

  • Es anhaltende oder immer wiederkehrende Schmerzen mit unklarer Ursache gibt
  • Die Schmerzen sich verschlimmern
  • Die Schmerzen von weiteren Symptomen begleitet werden (z.B. Taubheitsgefühle in den Beinen bei chronischen Rückenschmerzen)
  • Das Alltagsleben und die Lebensqualität durch chronische Schmerzen beeinträchtigt werden.

Ihre Ärztin/Ihr Arzt wird mit Hilfe einer ausführlichen Anamnese der Ursache auf den Grund gehen. Dabei werden die Betroffenen umfassend zu ihren Schmerzen befragt (z.B.: seit wann treten die Schmerzen auf? Welche Körperstellen sind betroffen? Werden sie durch Faktoren wie Bewegung, Kälte, Wärme, Stress ausgelöst. Verstärkt oder gelindert?)

Auch thematisiert werden schmerzbedingte Beeinträchtigungen im Alltag, eventuell weitere auftretende Beschwerden (z.B. Schlafstörungen, Verdauungsprobleme usw.), frühere und aktuelle Erkrankungen, Operationen und bisherige Therapien gegen den Schmerz.

Zusätzlich spielen psychosoziale Informationen eine wichtige Rolle für die behandelnde Ärzt*in. Das sind beispielsweise Angaben zu Beruf und Ausbildung, Arbeitsplatz- und Familiensituation, Lebenszufriedenheit sowie aktuelle und vergangene Konflikte und Belastungen.

Nach der Anamnese folgt eine gründliche körperliche Untersuchung. Abhängig von der Art der chronischen Schmerzen (z.B. Kopfschmerzen, Rückenschmerzen) und den Informationen aus dem Ärzt*innen/-Patient*innen-Gespräch können weitere Untersuchungen folgen. Dazu zählen unter anderem neurologische, orthopädische oder internistische Untersuchungen. Auch bildgebende Verfahren, wie Ultraschall, Röntgen und Computertomografie können zum Einsatz kommen und Blutuntersuchungen sowie elektrophysiologische Untersuchungen (wie Messung der Nervenleitgeschwindigkeiten) können das Gesamtbild über die Schmerzstörung abrunden.

Wenn mit Hilfe der Untersuchungen und diagnostischen Mittel die Ursache der chronischen Schmerzen identifiziert wurde, kann die behandelnde Ärzt*in die Therapie entsprechend darauf ausrichten.

Chronische Schmerzen. Prävention und Therapie

Schmerzen können unterschiedlichste Ursachen haben, was dazu führt, dass die gezielte Prävention schwierig ist. Aber: Ein gesunder Mensch hat keine Schmerzen. Deswegen eignet sich zur Vorbeugung von Schmerzen alles, was dem Erhalt der eigenen körperlichen und seelischen Gesundheit dient. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung und eine ausgeglichene Work-Life-Balance sollte dabei angestrebt werden. Zufriedenheit im Beruf, eine harmonische Partnerschaft, Freunde und erfüllende Hobbys sind ebenfalls Faktoren, die die Gesundheit maßgeblich positiv beeinflussen und somit bei der Vorbeugung von Schmerzen helfen können.

Entstehen akute Schmerzen, ist es wichtig, dass diese ernst genommen und effektiv behandelt werden. Unbehandelte Schmerzen können zur Entwicklung eines Schmerzgedächtnisses führen, die dann chronisch werden. Schmerzen, die nicht innerhalb von einer Woche wieder verschwinden, oder immer wiederkehren, sollten ärztlich begutachtet und behandelt werden.

Betroffene können die Entstehung chronischer Schmerzen vermeiden oder deren erfolgreiche Behandlung fördern indem sie:

  • Jeden Schmerz ernst nehmen und Maßnahmen ergreifen, um diesen sofort zu lindern
  • Bei länger anhaltendem Schmerz medizinische Hilfe in Anspruch nehmen
  • Bei der Beantwortung der Anamnesefragen ausführlich sind und ggf. auch Punkte zur Sprache bringen, die nicht abgefragt wurden, aber nach eigener Einschätzung dennoch eine Rolle spielen könnten
  • Keine Selbstexperimente mit Schmerzmitteln durchführen und diese nur in Absprache mit der behandelnden Ärzt*in über einen längeren Zeitraum einnehmen
  • Ein Schmerztagebuch führen und mit der behandelnden Ärzt*in besprechen.
  • Aktiv bleiben und Behandlungskonzepte der behandelnden Ärzt*in nicht nur passiv hinnehmen. Eine aktive Teilnahme und Einbringung eigener Ideen kann helfen die richtige Therapiemethode zu finden
  • Erlernen und anwenden von Entspannungstechniken

Die Behandlung von Schmerzen, die einen körperlichen Ursprung haben, ist vor allem auf die Beseitigung der Ursachen ausgerichtet. Bei Schmerzen, die auf seelische Belastungen zurückzuführen sind, ist dies zwar auch so, aber zusätzlich werden verstärkende Faktoren in das Blickfeld der Therapie genommen.

Insgesamt stützt sich die Therapie auf fünf Säulen:

  • Medizinische Behandlung: Sie kann die Einnahme von Schmerzmitteln und physikalische Therapien (z.B. Massagen, Wärme- und Kältebehandlungen usw.) beinhalten.
  • Psychoedukation: Sie hilft Betroffenen die Ursachen und Auslöser ihrer Schmerzen zu verstehen und das es nicht immer körperliche Erkrankungen sind, die diese Schmerzen auslösen. Es wird über die biologischen, psychologischen und sozialen Hintergründe des Schmerzes informiert. Auf diese Weise sollen die Betroffene erkennen, dass sie durch gezielte Veränderungen bestimmter Faktoren in ihrem Leben einen großen, positiven Einfluss auf ihre Erkrankung haben können.
  • Psychotherapie: Die Psychotherapie ist eine effektive Behandlungsmethode bei chronischen Schmerzen. Und das auch bei Schmerzen, deren Ursache ein körperliches Leiden sind. Sie kann sowohl das Erleben der Schmerzen verringern als auch die Lebensqualität verbessern. Hier kommt in der Regel die kognitive Verhaltenstherapie zum Einsatz. Ein wichtiger Bestandteil der Therapie ist es, ungünstige Gedanken und Überzeugungen der Betroffenen zu erkennen und allmählich zu verändern.
  • Entspannungsverfahren: Chronische Schmerzen und deren Ursachen führen häufig zu einer erhöhten und dauerhaften Muskelspannung. Diese kann durch Entspannungsverfahren verringert werden und damit zu einer Abnahme der Schmerzen führen.
  • Sporttherapie: Wer dauerhaft unter Schmerzen leidet, neigt dazu Schonhaltungen anzunehmen und Bewegung zu vermeiden. Das mag kurzfristig die Schmerzen verringern oder vermeiden, führt aber langfristig zu einer Verschlechterung des Gesamtzustands. Die Sporttherapie dient dazu, dass durch Schonung geschwächte Muskulatur wieder aufgebaut wird, verkürzte Muskeln gedehnt und die Körperhaltung und die Koordinationsfähigkeit verbessert werden. Die Ausübung von Sport führt außerdem zur Ausschüttung von Endorphinen, welche die Schmerzen hemmen. Sportarten, die den Betroffenen Spaß machen und mit ihrem Schmerz vereinbar sind, sorgen dafür, dass sich die Gedankenwelt nicht ausschließlich um den Schmerz dreht, sondern positivere Erfahrungen und Gefühle zugelassen werden.

Chronische Schmerzen. Krankheitsverlauf und Prognose

Bleiben chronische Schmerzen unbehandelt, nehmen sie Betroffene oft komplett ein und bestimmen ihren Alltag, ihr Gemütsbefinden und ihre Gedankenwelt. Eine therapeutische Behandlung führt zwar nicht in jedem Fall zu einem vollständigen Abklingen der Schmerzen, aber dennoch können erhebliche Verbesserungen der Schmerzintensität und der Lebensqualität erzielt werden. Nimmt das Schmerzerleben ab, so verliert der Schmerz auch seine lebensbeherrschende Stellung. Die psychische und soziale Funktionsfähigkeit steigt und es kann ein sich selbst verstärkender, positiver Kreislauf entstehen. Sozusagen ein Engelskreis (im Gegensatz zum Teufelskreis).

Wichtig ist, dass Betroffene mit Geduld und nicht zu hohen Erwartungen in die Therapie starten. Machen Betroffene sich selbst Druck aufgrund ausbleibender, merkbarer Effekte, kann sich dies negativ auf den Therapie- und Krankheitsverlauf auswirken.

Unsere Kliniken für Schmerztherapie

Fachklinik Bad Füssing

Die Johannesbad Fachklinik Bad Füssing ist angeschlossen an eine der größten Thermen Europas, die Johannesbad Therme. Ihr breites Behandlungsangebot, unterstützt durch das thermale Heilwasser, bietet optimale Voraussetzungen für Ihre Genesung.

Fachklinik, Gesundheits- & Reha-Zentrum Saarschleife

Die Fachklinik hält ein breites stationäres und ambulantes Behandlungsangebot für orthopädische, psychosomatische und neurologische Erkrankungen bereit. Eine umfangreiche Bäder- und Sauna- und Wellnesslandschaft ergänzt die stationären und ambulanten Angebote.

Johannesbad Fachklinik Hochsauerland

Die Johannesbad Fachklinik Hochsauerland bietet im Rahmen einer stationären Rehabilitation Hilfe bei psychosomatischen Erkrankungen. Sie befindet sich in Bad Fredeburg im Hochsauerland.